Manche Tage – oder Wochen – haben es so richtig in sich. Da kommt eines zum anderen, alles geht einem irgendwie schwer von der Hand und das Lachen bleibt einem als dicker Kloß im Hals stecken. Dazu kommt dann das graue Wetter – und das November-Tief ist perfekt. Manches ist einfach „hausgemacht“, aber häufig kommen gerade in diesen Momenten, in denen unsere seelischen Abwehrkräfte nicht ganz so auf der Höhe sind, auch noch Schläge von außen dazu – und dann fällt es doppelt schwer, sich wieder aufzuraffen.

Es gibt sicher kein sofort wirkendes Allgemeinrezept für diese Momente. Eigentlich ist dies schon die erste Botschaft meines November-Artikels. Aber wenn Du weiterliest, erfährst Du noch ein paar weitere wirksame, wohltuende und einfache „Mittel“, die helfen, mit den kleinen und größeren Tiefschlägen des Lebens zurecht zu kommen.

Ein grauer Novembertag. Es regnet ohne Pause von morgens bis abends. Und die ganze Nacht durch. Seit der Umstellung auf die Winterzeit wird es schon am späten Nachmittag dunkel, und bei dem trüben Wetter meint man, die Sonne möchte sich auch gar nicht zeigen. Die Medien sind von Hass, Krieg und US-Wahl beherrscht, und ich frage mich, wohin das Alles noch führen wird.

Dann erfahre ich vom Tod eines Menschen, der in meinem „früheren Leben“ – vor über dreißig Jahren – eine wichtige Rolle gespielt hat. Wir sind im Zorn auseinandergegangen und haben uns aus den Augen verloren. Wer denkt in so einer Situation schon darüber nach, dass es das letzte Mal sein könnte… Dass es keine Chance geben wird, sich zu versöhnen. Ein paar Jahre später ist dieser Mensch, der mir einmal so viel bedeutet hat, krank geworden und kurz darauf gestorben. Ich wusste es nicht. Da wir keinen Kontakt hatten und es damals auch noch kein Internet gab – jedenfalls nicht in dem Maße wie heute – habe ich erst jetzt, fast zwanzig Jahre später, davon erfahren. Per Zufall. Durch das Internet, und weil es immer noch Menschen gibt, die sich an ihn erinnern. Diese Nachricht hat mir jetzt einige Tage lang derart den Boden unter den Füßen weggezogen, dass ich auch keine Gedanken für meinen Novemberartikel hatte.

Ich musste erstmal trauern – was nicht so leichtfällt, mit fast zwanzig Jahren Verspätung. Warum eigentlich? Man sollte doch meinen, Trauer ist etwas, was einen zu einem bestimmten Zeitpunkt trifft, und dann muss man eben damit umgehen. Jeder für sich, auf seine Weise. Ja, das ist sicher richtig. Ich habe in den letzten Tagen aber festgestellt, dass es ebenso wichtig ist, mit der Trauer nicht allein zu sein. Insofern fehlten mir jetzt die vielen anderen Menschen, die ebenso wie ich von der Trauer betroffen waren. Sie haben es schon hinter sich, seit vielen Jahren. Ich bin dahin gefahren, wo er zuletzt gelebt hat, habe sogar Menschen getroffen, die sich jetzt noch sehr gut und voller Freude und Wärme an ihn erinnern, ich war in der Kirche, in der er während seiner letzten Jahren mit Leib und Seele Pfarrer war. Es hat ein bisschen geholfen. Aber da muss es doch mehr geben, was „man“ tun kann.

Ich frage mich also, was würde ich einem Klienten, einer Klientin raten, der/die in einer solchen Situation ist? Ich frage auch meinen Mann, der eine (andere) psychologische Ausbildung hat.

Hier ein paar unserer gemeinsamen Ideen, die mir jetzt gutgetan haben:
  • Suche in Deinen Erinnerungen, erlebe die schönen Momente noch einmal.
  • „Dichte“ die traurigen, negativen Erinnerungen „einfach“ um. Vervollständige die Geschichte. Ich zum Beispiel stelle mir noch einen weiteren Kontakt vor, in dem die letzten Unstimmigkeiten geklärt werden konnten.
  • Schreibe einen Brief an die Person. Darin kannst Du ihr alles sagen, was offen geblieben ist.
  • Führe ein Zwiegespräch mit der Person. Du kannst ein Foto (falls vorhanden) oder ein Symbol vor Dir platzieren und mit ihm/ihr sprechen. Achte auch auf die Antwort!
  • Denke Dir ein Abschiedsritual aus, in dem Du Dich auf Deine Weise von der verlorenen Person verabschieden kannst. Du kannst zum Beispiel Deinen Brief an einem besonderen Platz vergraben oder verbrennen. Eine Blume niederlegen. Ich habe einen kleinen Stein direkt neben „seiner“ Kirche deponiert. Und ein „Steinmännchen“ in der Nähe seines Grabes. Dort steht es, an einen Baum gelehnt und schaut auf den Friedhof.
  • Rede mit anderen über Deine Gefühle. Es ist nicht gut, solche Gefühle mit sich selbst abzumachen. Man dreht sich nur im Kreis. Es ist sehr befreiend, seine Geschichte erzählen zu können. Und sie dabei vielleicht schon zu sortieren und ihr ein „Happy End“ anzuhängen.
  • Gehe in die Natur. Es gibt kaum etwas Tröstlicheres als einen Spaziergang in einem schönen Wald. Im Wald spürt man die Kraft der Natur, in der alles seine Ordnung und seinen Platz hat. Uralte Bäume zeigen uns, dass das Leben weitergeht, immer weiter. Wir waren am Wochenende im Taunus. Dort gibt es uralte Eichen, die wahrscheinlich schon den Dreißigjährigen Krieg überlebt haben. Und es gibt riesige nordamerikanische Lebensbäume, die wahrscheinlich vor Jahrhunderten als kleine Zöglinge dort angepflanzt wurden. Ich stelle mir vor, dass sie reine, unendliche, positive Lebensenergie atmen. Sie sagen: Was auch immer geschieht – es geht weiter. Wie klein mir neben diesen Riesen meine eigene Geschichte erscheint!
  • Atme ganz tief ein und aus. Ein tiefer Atemzug löst all die Verspannungen und „seelischen Knoten“, die sich in Momenten der Trauer ums Herz herum ansammeln. Einatmend kannst Du Dir vorstellen, dass Du Leben und Zukunft in dich aufnimmst. Ausatmend kannst Du loslassen. Langsam und bewusst.
  • Wenn Dir danach ist, igel Dich einfach mal ein. Zieh dich für eine Zeit lang in Deinen Panzer zurück und suche die Wärme und Geborgenheit Deines Lieblingsortes. Auf dem Sofa, bei Kerzenschein und schöner Musik, zum Beispiel. Zu meiner Geschichte passt Suzanne von Leonard Cohen…
    Und irgendwann dann hoffentlich auch dieses, um bei Cohen zu bleiben: So long, Marianne, it’s time, that we began to laugh and cry and cry and laugh about it all again!
  • Eine Yoga-Haltung, die beim „Einigeln“ hilft:

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    Die Stellung des Kindes

  • Und natürlich hast Du Deine ganz persönlichen Rituale und Gewohnheiten, die Dir guttun, wenn das Leben mal in eine Schiefläge kommt. Vielleicht ist es eine gute Idee, in guten Zeiten eine ganz persönliche Liste anzufertigen, damit Du nicht lange suchen musst, wenn Du einen „Wolkenschieber“ brauchst. Eine schöne Beschäftigung für die langen Winterabende!

Und dann ist es irgendwann auch wieder Zeit, zurückzukehren ins „Hier und Jetzt“. Ins Leben. Was kann es da Besseres geben als den „Gruß an die Sonne“!?

Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar Anregungen geben, die Dir helfen, wenn es einmal schwer ist.

Nun ist der November bald vorbei und wir freuen uns auf den Advent. Zeit der Plätzchen, des Dufts nach Vanille, Zimt und Orangen, Zeit der kindlichen Vorfreude, der schönen Erinnerungen…

Ich wünsche Dir einen schönen Start in den Advent!

baerbel