Was für ein Stress, bald ist Weihnachten. Schon wieder. Spürst Du es auch schon? Die Geschäfte in der Stadt sind zu jeder Stunde des Tages übervoll. Menschen wuseln durcheinander, fühlen sich gehetzt. Allenthalben wird man von Leuchtreklame und Angebotsschildern förmlich angebrüllt: Sale, X-Mas-Sale, Last Minute, buy 2 get 3… Lustig, das meiste in „Neudeutsch“, aber das soll hier und jetzt gar nicht das Thema sein.
König Konsum herrscht mal wieder über unser Land. Und alle lassen sich anstecken oder wollen auf der anderen Seite ein Stückchen vom großen Weihnachtskuchen ergattern. Es ist ja auch alles soooo günstig!
Und doch – irgendwie ist es doch auch anders, oder? Dann wollen wir JETZT einmal gemeinsam hineinspüren in diese Weihnachtswelt – mal sehen, ob es Überraschungen gibt!
Weihnachten ist das Fest der Liebe.
Aus Sicht der Yogis ist es die Zeit, in der sich unser Herz ganz besonders weit öffnet und wir uns – auch – auf das besinnen, was man weder anfassen noch kaufen kann. Nun wirst Du sagen, Weihnachten ist doch ein christliches Fest, die Geburt Jesu hat doch nichts mit der indischen Tradition zu tun. Ja, und Nein. Es gibt auch in der indischen Welt ein uraltes Fest, das genau zur Zeit der Wintersonnenwende gefeiert wird – wie auch in anderen vorchristlichen Traditionen. In erster Linie wird gefeiert, dass die Tage endlich wieder länger werden. Im übertragenen Sinn: dass das „Licht“ zu uns kommt. Licht, das erhellt und wärmt. In Form von Nächstenliebe und Herzenswärme. Genau das, was auch Jesus mit seiner Geburt zu uns Menschen bringt.
Und ja, irgendwie kann man es spüren, wenn man einmal genau hinsieht: Bei allem Trubel, bei aller Hektik scheinen die meisten Menschen doch etwas geduldiger zu sein. Freundlicher. Sie lächeln einander an. Sie versuchen, sich auf die Dinge zu besinnen, die ihnen wirklich wichtig sind.
Hier ein paar Beobachtungen, die ich in den letzten Tagen gemacht habe. Auch an mir selbst.
Auf dem Weihnachtsmarkt – Hier ist Geschiebe und Gedrängel ja wirklich an der Tagesordnung. Aber wenn man einmal genau darauf achtet, spürt man, dass eine ganz andere Atmosphäre herrscht als bei irgendeinem anderen Volksfest. Die Menschen gehen in Schlangen hintereinander, immer schön rechts, und machen freundlich der jungen Familie mit Kinderwagen Platz. Auch am Glühwein- oder Kartoffelpufferstand geht es sehr freundlich und „gesittet“ zu. Und vor allem: es wird viel gelacht. Von Stress keine Spur.
Und ab und zu geschehen ganz außergewöhnliche Dinge. Bei unserem letzten Besuch landeten wir auf dem unteren Domplatz, direkt neben einer kleinen Bühne. Gerade in diesem Moment wurde dort ein evangelischer Gottesdienst abgehalten. Wir haben so etwas noch nie erlebt und waren wirklich erstaunt, dass es heute noch solche „Wanderprediger“ gibt. In der offiziellen Evangelischen Kirche. Und so kam es, dass wir – mit dem Glühwein in der Hand – dort eine Weile stehenblieben und zuhörten und am Ende sogar mit wildfremden Menschen zusammen Weihnachtslieder gesungen haben. Mitten in Mainz.
In den Geschäften – Meine Erfahrung ist, dass sich die VerkäuferInnen trotz des Trubels immer noch die Zeit nehmen, mich zu beraten. Erst kürzlich habe ich mich nach einem bestimmten Buchtipp erkundigt und war beeindruckt, wie hilfsbereit die Verkäuferin war und wieviel Zeit sie sich nahm, um das Passende für mich zu finden. Ein angenehmes und stress-freies Einkaufserlebnis.
Bei uns in Hechtsheim – Gerade diese Woche hatten wir ein ganz besonders schönes weihnachtliches Erlebnis. Im Rahmen der ökumenischen Flüchtlingshilfe „Ankommen in Hechtsheim“ findet zweimal im Monat ein „Café der Begegnungen“ statt, bei dem alte und neue Nachbarn unseres Vorortes zusammensitzen bei Tee oder Kaffee und Gebäck und sich kennenlernen. Es wird viel erzählt und gelacht bei diesen Treffen. Zuletzt haben wir gemeinsam Bilder von Syrien und Afghanistan angeschaut.
Der Termin diese Woche stand ganz im Zeichen des Advents. Es wurde erklärt, was für uns Christen wichtig ist im Advent und zu Weihnachten. Und was die verschiedenen Bräuche, die wir eher „automatisch“ pflegen, eigentlich bedeuten. Warum der Nikolaus seine Geschenke in Strümpfe oder Schuhe steckt. Woher der Adventskranz oder -kalender kommt… Das eine oder andere war auch für uns neu. Zum Abschluss wurden Weihnachtslieder gesungen. Gemeinsam. Allen voran die syrischen und afghanischen Kinder, die schon richtig gut Deutsch können und die Texte unserer Weihnachtslieder schon auswendig können. Es war sehr berührend und fröhlich zugleich.
… und zuhause?
Im Familienkreis – Ja, die Weihnachtsgeschenke… In meiner Familie gibt es sie noch. Ich habe mir also ein ganz bestimmtes Kleid gewünscht, in das ich mich vor Wochen verguckt hatte. Im Geschäft war es nicht in meiner Größe vorhanden. Seitdem habe ich – über das übliche Maß hinaus – regen E-Mail- und Telefonkontakt mit meinen Eltern, die sich alle Mühe der Welt geben, mir diesen Wunsch zu erfüllen (es ist plötzlich überall ausverkauft!). Wenn es tatsächlich irgendwann einmal bei mir ankommt, wird es mich immer daran erinnern, wieviel Spaß wir bei der gemeinsamen Internetrecherche hatten! Und absolut ohne Stress.
Wir zuhause (Stephan und ich) – wir schenken uns „nichts“, denn wir haben alles, was wir brauchen – und noch viel mehr. Besser gesagt, wir schenken uns nichts Materielles. Wir schenken uns schöne Momente. Ja, die haben wir auch im Alltag, aber solche ganz bewussten schönen Momente, die mit einem bestimmten Datum verbunden sind, die kann man auch in Geschenkpapier wickeln und übergeben: Ein Konzertabend, verbunden mit einem schönen Essen zum Beispiel. Oder ein Ausflug. Eine Radtour. Manchmal liegt der Termin weit in der Zukunft, und wir haben eine seeeehr lange Phase der Vorfreude. Ich fühle mich dann immer, als hätte ich ein Rendezvous. Naja, irgendwie ist es ja auch so. Schmetterlinge inbegriffen
Dieses Jahr mache ich mir selbst ein Geschenk. Der Zufall will es, dass ich mir ausgerechnet jetzt gleich zwei neue „elektronische Spielzeuge“ angeschafft habe. Zum einen, weil sowohl mein Smartphone als auch mein Tablet Anstalten machen, demnächst das Zeitliche zu segnen. Zum anderen, weil es zur Zeit gerade „unwiderstehliche“ Angebote gibt. Jedenfalls habe ich sie ziemlich flott erstanden und war selbst so perplex über diesen spontanen Konsumrausch, dass ich mir erst einmal etwas „Abstand“ verschaffen musste. Und so kam die Idee, noch auf dem Nachhauseweg, dass ich mir die beiden neuen „Spielzeuge“ selbst unter den Weihnachtsbaum legen werde. So kann die Vorfreude noch ein bisschen wirken und ich habe nicht so sehr das Gefühl, dass ich sofort beim ersten Anzeichen dem Konsumrausch verfallen bin. Gesagt – getan, die beiden Päckchen sind ungeöffnet in der hintersten Schrankecke in Stephans Zimmer verschwunden und warten dort geduldig (?!), bis das Christkind da war und ich sie unterm Weihnachtsbaum auspacke. Ich freue mich drauf!
Was lerne ich daraus?
Ich kann ja nur für mich sprechen. Wenn ich mir die Zeit nehme, drüber nachzudenken, fallen mir unzählige solcher Beispiele ein. Versuche es doch selbst einmal. Bestimmt findest Du für Dich in Deinem Umfeld ähnliche Geschichten, die zeigen, dass Weihnachten nicht nur aus Hektik und Stress besteht.
Irgendwie ist Weihnachten für mich – trotz der immer schneller werdenden Welt – immer noch etwas Wunderschönes. Ich fühle mich geborgen, geliebt und reich beschenkt. Ich bin voller Dankbarkeit für das schöne Leben, das ich genießen darf, für die wunderbaren Menschen, die mich umgeben. Und die „Kätzchen“, natürlich
Ja, mein Herz ist weit offen. Und Deines?
Ich wünsche Dir eine schöne stress-freie Weihnachtszeit im Kreise Deiner Lieben. Und ein ganz wunderbares Neues Jahr voller achtsamer, wertvoller Geschenk-Momente.