Wer kennt das nicht… Man nimmt sich irgendetwas vor – z.B. gesünder leben oder die lästige Ablage im Büro immer sofort erledigen. Der mürrischen Kollegin eine zweite Chance geben, die Oma regelmäßig besuchen – oder was uns sonst noch das Leben erleichtern könnte. Oder wenigstens das schlechte Gewissen beruhigen.

Ich zum Beispiel möchte mich unbedingt gesund ernähren, überhaupt gesünder leben. Das heißt, mehr bewegen, mehr Gemüse und Obst, weniger Alkohol und Süßigkeiten… Und was passiert? Ich komme an keiner Eisdiele vorbei… Wie ferngesteuert zieht es mich dahin!

Woher kommen solche Autopilot-Reaktionen?

Der Mensch ist darauf eingerichtet, alles was uns begegnet oder passiert, zu taxieren, zu bewerten und zu beurteilen. Das geschieht meist völlig unbewusst und in Bruchteilen von Sekunden. Oft spielen bei diesen Bewertungen alte Erlebnisse eine Rolle, die uns vielleicht schon in der frühen Kindheit zu einem bestimmten Verhalten getrieben haben. Als Erwachsene fallen wir noch automatisch zurück in dieses Verhalten, ohne uns dies bewusst zu machen.

Das menschliche Gehirn verfügt über Automatismen, die uns in die Lage versetzen, in Gefahrensituationen blitzschnell zu reagieren und uns zu retten: z.B. den „Flucht-Kampf-Mechanismus“. Er sichert auch heute noch unser Überleben,  etwa bei einem Überfall oder einem Unfall. Allerdings sind wirkliche Gefahrensituationen in unserem Leben nicht mehr an der Tagesordnung. Unser Gehirn reagiert jedoch noch immer so, als gäbe es noch den Säbelzahntiger, der uns bedroht. Ähnliche Mechanismen wirken, wenn sich bestimmte Verhaltensweisen als Gewohnheiten einschleichen. Oder wir durch eine Sinneswahrnehmung an etwas Angenehmes oder Unangenehmes erinnert werden: Es kommt ein Impuls von außen, der blitzschnell bewertet (gut oder schlecht) wird, woraufhin eine entsprechende Reaktion erfolgt. Das alles geschieht im ältesten Teil unseres Gehirns, dem Stammhirn, ohne dass der jüngere Teil des Gehirns, der Neokortex und Sitz unseres Verstandes, eingeschaltet wird. Wir laufen also in diesen Situationen wie „ferngesteuert“ durch unser Leben.

IMG_20140709_0005Daher „entscheiden“ wir uns meist spontan und  unbewusst dafür, uns zu belohnen, etwas Gutes zu tun – oder reagieren abwehrend auf Dinge, die anstrengend, unangenehm oder schwierig zu sein scheinen. Dies geschieht fast von alleine, ohne Nachzudenken und auch vor allem ohne ein Abwägen „vernünftiger“ Argumente.

Das Schlimme daran ist: solche Verhaltensweisen sind unangenehm und hinderlich. Das Leben fällt leichter, wenn man sich keine Vorwürfe macht, wenn man sich nicht „grundlos“ über Kollegen ärgert, wenn man seinen Stress und seine Angst im Griff hat.

Dieser „Autopilotzustand“ passt eigentlich nicht zu unserem Anspruch als denkendes, vernunftgesteuertes Wesen.

 

Wie hilft Achtsamkeit und Yoga, den Autopiloten auszuschalten?

IMG_20140709_0006Es geht also bei der Achtsamkeitspraxis darum, diesen winzigen Moment zwischen Reiz und Reaktion zu verlängern, den Automatismus zu unterbrechen und eine bewusste, durchdachte Reaktion an die Stelle der unbewussten Autopilotreaktion zu setzen. Ich nenne dies den Moment der Freiheit, weil sich genau in diesem Bruchteil von Sekunden entscheidet, ob wir frei und unabhängig über unser Leben entscheiden oder uns von (inneren oder äußeren) Reizen und Impulsen fremdsteuern lassen.

 

Wer das schon einmal probiert hat, weiß, dass sich das viel leichter anhört oder liest, als es getan ist. Unser Autopilot ist sehr stark und mächtig, schließlich hat er bereits viele Jahrmillionen Vorsprung. Und vor allen Dingen ist er unglaublich schnell.  Um das Gehirn auf andere Wege zu lenken, muss man diese Wege immer wieder gehen. Man kann sich dies vorstellen wie einen Trampelpfad durch einen Urwald. Beim ersten Mal muss man sich erst einen Weg durch das Dickicht erkämpfen. Wenn man ihn dann öfter geht, zeichnet sich bereits eine schmale Spur ab, der man folgen kann. Wenn man aber zu lange pausiert, dann verwildert der Weg wieder und man muss von vorne anfangen. Erst nach längerer Zeit wird der Weg so breit und bequem, dass man ihn auch „automatisch“, also aus Gewohnheit einschlägt und den alten Weg vergisst.

Was dann passiert, macht den Weg frei für Heilung, Besserung, Versöhnung mit sich selbst. Die innere Gelassenheit und Distanz macht Schluss mit dem ewigen Bewerten und Beurteilen – Bestrafen und Belohnen.

Coaching hilft, sich über diese Autopilot-Situationen bewusst zu werden. Gemeinsam mit dem Coach – also z.B. Stephan oder mir – kannst Du herausfinden, welche „Glaubenssätze“, Muster oder Regeln dich eventuell daran hindern, gelassen durchs Leben zu gehen. Du kannst das Steuer wieder selbst in die Hand nehmen und entscheiden, was du ändern möchtest, und wie. In welchem Tempo, welchem Rhythmus.

Achtsamkeitsübungen helfen Dir bei der Umsetzung:

  • Durch Yogaübungen, aber auch Entspannungstechniken wie z.B. den Body Scan oder Progressive Muskelentspannung bekommst du ein besseres Gefühl für deinen Körper und kannst erspüren was dir gut tut, wann idu z.B. wirklich müde bist oder wann du nur träge bist und dir Bewegung gut tun würde – um in unserem Beispiel zu bleiben.
  • Durch die Achtsamkeit auf Vorgänge wie den Atem oder andere Wahrnehmungen in deinem Körper kommst du zur Ruhe und kannst dich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.
  • Die Haltung des inneren Beobachter lehrt dich, freundlich mit mir umzugehen und gleichmütig gelassen auf alles, „was da ist“ zu reagieren. So verlieren auch unangenehme Emotionen wie Ärger, Wut, Enttäuschung und Schmerz ihre Macht.
  • Wohltuende Meditationen und Phantasiereisen schenken Kraft durch positive innere Bilder und fördern meine Belastbarkeit in Krisenzeiten.

Für mich stand am Anfang nur Yoga. Ich kam zu Yoga über ein Fitnessstudio – und war gleich begeistert. Yoga bringt das für mich perfekte und gesunde Maß an Anstrengung und Entspannung, das direkt und ohne Umwege zu einem wunderbaren Wohlgefühl führt. Durch meinen Bankjob war ich im Dauerstress und habe mich selbst manchmal gar nicht mehr gespürt. Durch Yoga kam ich immer wieder bei mir an. In meinem Körper. Ohne damals viel über „Achtsamkeit“ zu wissen, spürte ich intuitiv, dass das, was Yoga für mich so wertvoll machte, genau dieser „Moment der Freiheit“ war. Ich beobachtete, wie ich mich selbst von einem ständig gehetzten Menschen zu jemandem entwickelte, der – wenn es hoch her ging – erstmal tief ein- und ausatmete. Und dann in der Lage war,  ruhiger und vernünftiger zu reagieren. Nicht immer – aber immer öfter… 😉

Natürlich ist der Weg zu „absoluter Gelassenheit“ weit und schwer, und wir sind keine „Heiligen“ (und wollen auch keine sein…), aber jeder kleine Schritt macht schon einen Riesenunterschied. Und darum geht es.